mybreev

Du warst bei der UN, hast Dich juristisch mit Menschenrechten auseinandergesetzt und an zahlreichen Projekten in diesem Bereich beteiligt: Welche Impulse kannst Du aus Deiner beruflichen Erfahrung bei mybreev einbringen?

Rojda Arslan: Ich habe viele verschiedene Erfahrungen in unterschiedlichen Bereichen gesammelt, für die ich sehr dankbar bin, denn um menschenrechtskonforme Veränderungen in einer Einrichtung oder Organisation voranzutreiben, ist es wichtig, die Funktionsweise und das Konzept einer Einrichtung zu verstehen. Ich habe im internationalen Sektor gearbeitet, u. a. bei den Vereinten Nationen, einer EU-Agentur und in verschiedenen Nichtregierungsorganisationen, aber auch in kommunalen Behörden wie bei einer Ausländerbehörde hier in Deutschland.

Ich glaube sehr an interdisziplinäre Arbeit und wollte mich als Juristin nicht auf einen Bereich beschränken. Neben meinen materiellen Kenntnissen in den Bereichen Völkerrecht und Europarecht habe ich auch als Projektmanagerin in verschiedenen Projekten und auch als Trainerin für verschiedene Zielgruppen gearbeitet. Ich habe mit vulnerablen Personengruppen, aber auch mit Organisationen gearbeitet. Daher glaube ich, dass ich durch meinen vielfältigen beruflichen Hintergrund verschiedene Perspektiven in meine Arbeit bei mybreev einbringen kann.

Was ist aus Deiner Sicht der Vorteil digitaler Lernformate? Und wo sind die Grenzen digitaler Angebote?

Rojda Arslan: E-Learning stellt nicht nur eine geringere finanzielle und zeitliche Belastung für Arbeitgeber dar, sondern ist auch meist effektiver, wenn es darum geht, die Mitarbeiterbindung zu verbessern und die Gesamtkompetenz der Arbeitskräfte zu steigern. E-Learning bietet eine konsistentere Bildungsmaßnahme in wichtigen Themen, die ständig einer Auffrischung bedürfen. Was mir an E-Learnings am besten gefällt, ist die Flexibilität, die sie bieten, denn die Lernwege können auf die Schulungs- und Entwicklungsbedürfnisse der einzelnen Personen bzw. Mitarbeitenden abgestimmt werden. Es besteht keine Notwendigkeit mehr für „Einheitsschulungsprogramme“. Stattdessen können individuell angepasste E-Learnings angeboten werden, die erforderlich sind, um die Kompetenz der Mitarbeitenden auf der Grundlage ihrer Aufgaben und Zuständigkeiten zu verbessern. Und nicht zuletzt sind E-Learnings definitiv umweltfreundlicher. 

Auf der anderen Seite hat natürlich alles seine Grenzen, so auch die digitale Lernformate. Zum Beispiel hat E-Learning nicht den sozialen Aspekt und die Wirkung, die In-Präsenz Schulungen haben, wie z. B. die Arbeit in Gruppen und die Interaktion mit anderen Teilnehmenden und Trainer*innen. Außerdem hat nicht jeder das Glück, vollen Zugang zum Internet zu haben. Nichtdestotrotz hat die Pandemie uns gezeigt, dass die Digitalisierung in Krisenzeiten unverzichtbar geworden ist. Wir wissen alle, dass die Digitalisierung unsere Zukunft bestimmen wird. Die Technologie hat das Lernen von überall her möglich gemacht.

Was werden Deine Aufgaben und Schwerpunkte bei mybreev sein?

Rojda Arslan: Mit dem am 1. Januar 2023 in Kraft getretetenen Lieferkettengesetz sind menschenrechtskonforme Aktivitäten von Unternehmen nun unabdingbar geworden. Deshalb wird sich meine Arbeit bei Mybreev auf die Entwicklung von Inhalten zum Thema Wirtschaft und Menschenrechte für die Produktion von E-Learnings konzentrieren. Mein Schwerpunkt wird sein, mehrere Bausteine bzw. E-Learning Module zum neuen Lieferkettengesetz in Deutschland zu erstellen.

Wie können Unternehmen ihren Mitarbeitenden und Lieferanten die Bedeutung des Lieferkettengesetzes am besten vermitteln?

Rojda Arslan: Schulungen und Weiterbildung zählen als Präventionsmaßnahmen im Rahmen des Lieferkettengesetzes. Bildung und Empowerment erhöhen das Maß an Autonomie und Selbstbestimmung der Menschen bzw. Arbeitnehmenden in einer Organisation. Die Weitergabe von Wissen ist nur durch Bildungsmaßnahmen möglich. Da viele Unternehmen ihre direkten Geschäftspartner außerhalb Europas haben, bieten sich E-Learnings als beste Möglichkeit an, um den Mitarbeitenden und Mitarbeitenden der Geschäftspartner grundlegende Kenntnisse über das Lieferkettengesetz zu vermitteln.

Wo steht Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern bei der Umsetzung und Einhaltung der Menschenrechte? Warum müssen wir auch hier einen Blick über die Grenzen Deutschlands hinweg wagen?

Rojda Arslan: Frankreich steht bei der Nachhaltigkeit der Lieferkette in Europa an vorderster Front. Auch die Niederlande haben ein Gesetz über die Lieferkette verabschiedet. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern steht Deutschland trotzdem, insbesondere mit dem neu in Kraft getretene Lieferkettengesetz, in der ersten Reihe, wenn es darum geht, menschenrechtskonforme und nachhaltige Unternehmensaktivitäten zu gewährleisten. Das muss es auch, wenn man die große Anzahl von deutschen Unternehmen berücksichtigt, die außerhalb Europas tätig sind.

Deutschland gehört zu den Ländern mit einer sehr wettbewerbsfähigen und exportorientierten Wirtschaft. Das bedeutet auch, dass viele deutsche Unternehmen grenzüberschreitend außerhalb Europas tätig sind und das Risiko von Menschenrechtsverletzungen für Betroffene tragen, die potenziell von den Aktivitäten der Unternehmen betroffen sind. Deutsche Unternehmen stehen in Fällen wie Wasserverschmutzung, Landvertreibung, Überschwemmung von Dörfern und Ausbeutung von Arbeitern als direkte oder indirekte potenzielle Menschenrechtsverletzer an vorrangiger Stelle.

Genau deshalb ist es wichtig über die Grenzen Deutschlands hinweg zu schauen.

Wenn wir uns folgende Fakten vor Augen halten, sollte jeder verstehen warum das neu in Kraft getretene Lieferkettengesetz so notwendig war.

  • 25 Millionen Menschen verrichten heute immer noch Zwangsarbeit. In anderen Worten ist das moderne Sklaverei (Global Estimates of Modern Slavery).
  • 79 Millionen Mädchen und Jungen sind von ausbeuterischer Kinderarbeit betroffen (BMZ).
  • Der Lohnanteil einer Näherin eines Marken-T-Shirts liegt bei 0,6 %, das sind bei einem 30 € T-Shirt ca. 0,18 cent (FairWear).


Um im globalen Handel relevant und wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen deutsche Unternehmen ein robustes Logistik- und Lieferkettenmanagement sicherstellen, was auch heißt, dass für eine faire Behandlung der direkten und indirekten Partner und aller Menschen, die potenziell von den Aktivitäten der Unternehmen betroffen sein können, gesorgt werden muss.

Was können wir alle tun, damit das Lieferkettengesetz und Menschenrechtgesetze obsolet werden?

Rojda Arslan: Ich bin der festen Überzeugung, dass Bildung der Schlüssel zu positiven Veränderungen in der Umwelt ist, in der wir heute leben. Bildung und Empowerment werden leider immer noch unterschätzt. Wissen ist der erste Schritt, um das Bewusstsein für wichtige Themen wie Menschenrechte und Nachhaltigkeit zu schärfen. Je mehr Menschen befähigt werden, desto besser für eine nachhaltigere und menschenrechtskonforme Welt.

Daher ermutige ich jede Person, jede Organisation, jede Regierung und jedes Unternehmen, in Bildung und Empowerment zu investieren, um den Wandel herbeizuführen, den wir alle sehen wollen.


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Uwe Röniger
CEO mybreev